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Max Josef Koss | Abraham David Singer | Leo Koss |
Abraham David Singer wurde am 07.12.1893 als Abraham David Engler als Sohn von Moses Engler und Pesie Singer in Jucica Noua, damals eine eigenständige Gemeinde im Gerichtsbezirk von Sadagora, heute als Neu-Zuczka ein Stadtteil von Czernowitz, der Hauptstadt des damaligen (bis 1918) österreichischen Kronlandes Bukowina, geboren. Vor ihm war ihnen bereits eine Tochter, Etie Feige (Max Günsbergs Mutter) geboren worden, nach ihm noch die Söhne Sindel und Eisig, der aber bereits mit 2 Monaten verstarb.
Aufgrund des in vielen Dokumenten vorhandenen Doppelnamens seiner Eltern Moses Engler und Pesie Singer lässt sich ableiten, dass die beiden in Zucka in einer nicht der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) zuzuordnenden Synagoge geheiratet haben. Dem damaligen Streit zwischen dem Oberrabbinat von Czernowitz (in der Chereskulgasse/heute Shchepkina) und dem Zaddiken von Sadagora ist zu verdanken, dass die dortigen Bücher erst nach 1901 vorhanden sind und aufgrund dieses Streits die Ehe nicht verzeichnet wurde und daher bei Behörden als nicht rechtskräftig galt. Also wurden auch die Kinder dieser Ehe nicht legitimiert. Sie wurden nachträglich als unehelich vermerkt und mussten ebenso wie ihre Mutter Pessi den Mädchennamen der Mutter, Singer, annehmen. Diese Namensänderung erfolgte erst in Wien im Jahre 1926.
Abraham Davids Vater Moses Engler starb bereits 1896, als David noch ein Kleinkind war, in Czernowitz.
David erlernte in Czernowitz beim Glaser Jossel Löbl/Löbel in der Judengasse 1 das Glaserhandwerk. Jugendlicher Überschwang brachte ihm jedoch im Mai 1914 einen Prozess und eine Haftstrafe ein. Aus der Länge seiner Haftstrafe lässt sich ableiten, dass er der Rädelsführer war (Artikel im Czernowitzer Tagblatt vom 08.05.1914, S6):
David kam mit seiner Mutter Pesie Engler-Singer 1916 nach Wien und lebte mit ihr und seinen Geschwistern Etti und Sindel in der gemeinsamen Wohnung in 1030 Wien, Radetzkystraße 10, im gleichen Haus wie Pessis Schwägerin Klara Engler mit ihrer vielköpfigen Familie. Diese Familie war bereits 1914 nach Wien gezogen. Pessi und ihre Kinder wohnten zunächst auf Tür Nummer 18, ab 28.02.1917 an derselben Adresse auf Nummer 5. Also in derselben Wohnung, in der ab 1920 auch seine Schwester, Max Mutter Etti mit ihrem Mann Setyk Günsberg und deren Sohn Max bis 1926 lebten. In dieser Wohnung, die kaum 20m² maß, muss es unglaublich beengt zugegangen sein. Die meist bettelarmen galizischen Einwanderer lebten aber wohl überwiegend unter solchen Verhältnissen.
Auch in Wien arbeitete David als Glasergehilfe beim Glasermeister Josef Frank in der Praterstraße 52.
David gründete mit Malka/Amalia Koss (*18.03.1895 in Podzameczek, nahe Buczacz, als Tochter von Efroim Leib Kissel und Schloma/Salomei Koss) eine Familie, die beiden haben allerdings nicht zivilrechtlich geheiratet, daher nahm Malka nicht seinen Familiennamen an. Am 14.11.1927 kam ihr erster Sohn Leo Koss zur Welt, am 10.01.1931 schließlich der zweite Sohn Max Josef Koss, diese beiden waren zu Max Günsberg also echte Cousins, hießen jedoch aufgrund der lediglich rituellen Trauung der Eltern nicht nach dem Vater Singer, sondern nach der Mutter Koss. Diese ganze Familie Singer-Koss lebte ebenfalls in der winzigen Wohnung in der Radetzkystraße 10, allerdings war ab 1926 die Familie Günsberg mit ihren Kindern bereits ausgezogen und auch Davids Bruder Sindel war zu dieser Zeit bereits längst wieder nach Czernowitz zurückgekehrt.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme hatte Abraham David am 12.05.1938 einen Auswanderungsfragebogen auszufüllen.
Zu dieser Zeit gab es noch regen Schriftwechsel zwischen dem 1938 in die Schweiz emigrierten Max Günsberg und seiner Familie, wovon auch dieses Brief-Fragment aus dem Zeitraum 1938/39 zeugt, in dem Max Günsbergs Mutter Etti innige Grüße und Küsse sendete. Ebenfalls gegrüßt wurde Max in diesem Schreiben von Ettis Mutter, also seiner Großmutter Pessi Engler-Singer, die zu dieser Zeit bereits im Altersheim in der Seegasse untergebracht war, sowie von Ettis Bruder und damit seinem Onkel David Singer, der ja nach wie vor mit seiner Familie in der winzigen Wohnung in der Radetzkystraße 10/5 lebte.
Ab 07.08.1939 wurde die Familie von Abraham David Singer in eine Sammelwohnung im zweiten Bezirk in der Czerningasse 14/20 zwangsumgesiedelt. Zum Zeitpunkt des Ablebens seiner Mutter Pessi Engler-Singer im Jahr 1940 musste er laut Pessis Todfallsaufnahme Arbeitsdienst verrichten. Am 05.03.1941 schließlich wurde die gesamte Familie mit knapp 1000 weiteren Personen nach Modliborzyce (Lublin) deportiert. Die hohe Sterblichkeitsrate aufgrund von gewalttätigen Übergriffen im dortigen Ghetto forderte bereits eine Vielzahl an Opfern. Die Auflösung des Ghettos erfolgte im Herbst 1942: Am 8. Oktober 1942 wurden die verbliebenen GhettoinsassInnen in ein Vernichtungslager der „Aktion Reinhard“ deportiert und ermordet.Es ließen sich zu dieser Familie Singer/Koss keine weiteren Angehörigen oder Nachkommen ausfindig machen. Es liegt daher nahe, dass es niemanden mehr gibt, der von ihrer Existenz auch nur weiß.