Pepi Engler-Morawetz

Verwandtschaft zu Max Günsberg: Tante zweiten Grades, Tochter von Max´ Großtante Klara Engler
Pepi Morawetz
Pepi Engler wurde am 25.09.1899 in Walawa im Gerichtsbezirk Kotzmann im damals (bis 1918) österreichischen Kronland Bukowina als Tochter von Isaak und Klara Engler geboren. Der Ort heisst heutzutage Valyava und liegt in der Ukraine rund 20km nördlich von Czernowitz.
Im Jahr 1914 kam sie mit ihren Eltern Klara und Isaak Engler nach Wien und lebte dann an der Adresse 1030 Wien, Radetzkystraße 10. Pepi wurde von Wilhelm Krumholz (laut dessen Tochter Diana) als attraktive und mondäne Frau beschrieben.
Im Jahr 1921 optierte Pepi Engler für die österreichische Staatsangehörigkeit, ihr Antrag wurde aber wie der fast aller Juden und Jüdinnen abgewiesen. Die Options-Problematik ist auf der Seite der Familie Engler ausführlich beschrieben. 

Sie heiratete am 18.11.1923 in Wien Leopold Morawetz (*18.03.1899 in Wien), dessen Familie aus Dubá in Böhmen stammte, und sie bekamen am 29.07.1927 einen Sohn namens Heinz. Die Adresse dieser Familie lautete 1170 Wien, Kalvarienberggasse 34 und später 1070, Burggasse 51.


Leopold Morawetz hatte den Kürschnerberuf und die Kappenherstellung erlernt, war dann bis 1935 selbständig in diesem Beruf tätig und betrieb eine Kappenmanufaktur in 1160 Wien, Veronikagasse 23.


Annonce in der Kronenzeitung vom 02.09.1930


Im Jahr 1930 war Leopold Morawetz Eigentümer von Baugründen nahe Wien, die er laut einer Annonce in der Kronenzeitung vom 18.03.1938 zum Verkauf anbot.


Von 1937 an arbeitete er schließlich bei der Elementar-Versicherung und beschäftigte sich nebenbei mit der Champignon-Zucht. Als Folge des Anschlusses Österreichs an Nazi-Deutschland (12.03.1938) verlor er am 01.07.1938 wie praktisch alle jüdischen Arbeitnehmer seinen Job. 

Am 28.06.1938 füllte Leopold Morawetz einen Auswanderungsfragebogen aus, in dem er als ausländischen Verwandten einen Cousin namens Josef Kramer in Brooklyn, USA, angab. Dabei handelte es sich um einen Sohn seiner mütterlichen Tante Bertha Kramer, geborene Dux.

Am 01.07.1939 wurde die Familie aus ihrer Wohnung vertrieben und lebte dann in einer Sammelwohnung in 1020 Wien, Hafnergasse 5/10. Pepi und Heinz wurden vor Juni 1941 nach Polen deportiert. Leopold war zu diesem Zeitpunkt bereits in die UdSSR geflüchtet und wollte von dort nach Polen gelangen, um seine Familie in die UdSSR zu retten. Beim Überschreiten der Demarkationslinie zwischen dem russisch besetzten Teil Polens zum deutschen Teil wurde er jedoch laut den Angaben der Nachkommen von Berta Engler-Seliger von sowjetischen Soldaten erschossen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch den Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der UdSSR, dieses Ereignis muss also vor dem Beginn des deutschen Angriffs auf Russland am 22.06.1941 stattgefunden haben. Schriftliche Belege für Leopolds Erschießung sind nicht vorhanden.

Danach gelang es Pepi irgendwie illegal wieder nach Wien zu gelangen.

Schlussendlich aber wurden Pepi und ihr Sohn Heinz am 09.06.1942 erneut, diesmal nach Maly Trostinec, deportiert, wo sie am 15.06.1942 ermordet wurden.

Schild vor dem Lager Maly Trostinec 1944

Die Juden des Bahntransports wurden zu vorher ausgehobenen Gruben in ein Kiefernwäldchen nach Blagovshchina in der Nähe von Maly Trostinec gebracht, wo sie von Angehörigen der Waffen-SS und Schutzpolizei, die dort auf sie gewartet hatten, ermordet wurden, zumeist durch Erschießen. Ein Teil der Deportierten, wahrscheinlich auch Pepi und Heinz, wurde in einen der in diesem Monat erstmals eingesetzten, getarnten Gaswagen geladen und mit Auspuffgasen erstickt. Dies lässt sich aus der eidesstattlichen Erklärung, des Kriegsverbrechers Otto Ohlendorf ableiten, der zu Protokoll gab, dass seine Einsatzgruppe im selben Zeitraum, jedoch an anderem Ort, ebenfalls Gaswagen zugeteilt bekam mit dem Befehl, diesen für Frauen und Kinder zum Einsatz zu bringen. [Dies, um die Täter zu schonen. Den meist jungen Männern, die die Erschießungen ausführten, konnte man männliche Delinquenten, unterstützt durch die offensive NS-Propaganda, als Bedrohung verkaufen. Bei Frauen und Kindern hatten aber dann viele doch Skrupel. Daher die Methode mit den Gaswagen. Bereits im September 1942 wurde diese Tötungsart wieder aufgegeben, da die Reinigung der Wagen einen zu hohen Aufwand erforderte.]

Im Lager Maly Trostinec wurden, abgesehen vom KZ Auschwitz-Birkenau, mehr Wiener Juden und Jüdinnen ermordet als in jedem anderen Lager und nur eine Woche zuvor, am 09.06.1942, war ihrer Cousine Etti Günsberg und ihren Töchtern Herta und Rita an selber Stelle ebenfalls dieses Schicksal zuteil geworden.


Mit dem Zurückweichen der deutschen Front nach der verlorenen Schlacht von Stalingrad ab Frühjahr 1943 und dem damit verbundenen Vorrücken der roten Armee wurde auf direkten Befehl Hitlers mir der Beseitigung der Spuren der Massenmorde in den besetzten Gebieten Osteuropas begonnen. Einerseits sollten die Beweise für die Verbrechen vertuscht werden, andererseits gab es mancherorts aber auch ganz profane Gründe für die Beseitigung, da die Verwesung derartiger Mengen an Leichen das Grundwasser zu kontaminieren drohte. Zu diesem Zweck bediente sich das eigens zu diesem Zweck von Heinrich Himmler abgestellte "Sonderkommando 1005" zuerst jüdischer, und nach deren Ermordung russischer Zwangsarbeiter, die nach den Exhumierungsarbeiten selbst als letzte Opfer ermordet und mit den anderen Leichen kremiert wurden. Das Lager Maly Trostinec kam Ende Oktober 1943 an die Reihe, hier wurde das Sonderkommando "1005 Mitte" (auch "Sonderkommando C") tätig, das in Maly Trostinec auch seinen Sitz hatte und für die "Enterdung" in Weißrussland zuständig war. Von 27.10.1943 bis 15.12.1943 wurden in dem Kiefernwäldchen in Blagovshchina 34 Massengräber geöffnet und rund 50.000 Leichen verbrannt und die Knochen zerkleinert. Danach wurden die Gruben eingeebnet. Zuordenbare körperliche Überreste der Opfer sind daher nicht vorhanden.

Die NICHT-Aufarbeitung dieser Verbrechen kann als Musterbeispiel der österreichischen Nachkriegsjustiz betrachtet werden, die trotz vorhandener Unterlagen vollkommen bewusst nicht tätig wurde. So wurden Kuverts mit Unterlagen, die von den deutschen Ermittlungsbehörden an die österreichischen Kollegen übermittelt worden waren, nicht geöffnet. Obwohl, wie an vielen anderen Orten, eine unverhältnismäßig hohe Zahl an österreichischen Verbrechern an den Greueln beteiligt war, erfolgte im Zusammenhang mit Maly Trostinec lediglich ein einziges österreichisches Verfahren gegen ein Mitglied des KdS Minsk, den Gaswagenfahrer Josef Wendl. Er wurde 1970 freigesprochen, weil ihm die Geschworenen bescheinigten, unter Befehlsnotstand gehandelt zu haben.

Der Österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen erinnerte in einer Rede 2015 anlässlich einer Gedenkveranstaltung in Blagovshchina: ..."Dass der Schreckensort Maly Trostinez und die Namen der Toten nicht endgültig dem Vergessen anheimfielen, sei letztlich aber nicht das Verdienst der Politik gewesen, sondern dem zivilgesellschaftlichen Engagement von Waltraud Barton und dem von ihr gegründeten Verein IM-MER zu verdanken."...


Pepi und Heinz Morawetz

Die Namen von Pepi und Heinz Morawetz sind auf der Shoa Gedenkmauer in Wien eingraviert. Leopolds Schicksal ist nicht eindeutig belegt, daher scheint er dort nicht auf.
Namensmauern Wien Morawetz