Netzer - Herzfeld - Fischer

Zwei Brüder aus der Familie Netzer heirateten 1913 und 1916 zwei Schwestern aus der Familie Herzfeld, woraus sich der im weiteren Verlauf enge Familienverband erklärt. Eine weitere der sechs Herzfeld-Schwestern heiratete im Jahr 1924 Geza Baruch Fischer und auch die Familie Fischer zählte in der Folge zum engsten Kreis der Familie von Ilona Blime Netzer. Sie hatte sieben Geschwister sowie dreizehn Cousins/Cousinen, die aber allesamt wie Geschwister aufwuchsen. Die Umgangssprache der Familie war laut den Aussagen von Hedi Fischer ungarisch. Die Eltern Netzer und Fischer bedienten sich lediglich dann der deutschen Sprache, wenn die Kinder etwas nicht verstehen sollten. Gleichwohl lernten die Kinder in der Schule auch deutsch.

Herkunft der Familie Netzer

Die Familie Netzer war Mitte des 19. Jahrhunderts im galizischen Przemysl, heute eine polnische Grenzstadt zur Ukraine, angesiedelt. Blimes Großvater Lipot Schloime Netzer kam um 1860 noch in Przemysl zur Welt. Er heiratete Roza Guttmann und deren erste Kinder, darunter auch Blimes Vater Adolf Abraham Netzer (*1890), kamen im heutigen slowakischen Markušovce zur Welt. Markušovce liegt etwa auf halbem Weg zwischen Przemysl und Balassagyarmat. Zwischen 1900 und 1910 erfolgte die Übersiedlung nach Balassagyarmat, die jüngeren Kinder von Schloime und Roza Netzer wurden dann bereits hier geboren.Die Familie Netzer war im Besitz eines wertvollen und gut gehüteten Schatzes: noch während die Familie in der Slowakei ansässig war ereignete sich dort ein großer Brand und die Bewohner der Stadt flohen vor dem Feuer. Entweder die Großmutter oder die Urgroßmutter der Netzer-Schwestern Ella, Irene und Baba (Baba brachte das in ihren Berichten darüber durcheinander) wickelte sich feuchte Tücher um den Kopf und rettete aus der brennenden Synagoge das Allerheiligste, die Sefer Tora (Synagogenrolle) und wurde mit dieser Tat zu einer überregionalen Legende. Die Gemeinde beschloss daraufhin, dass diese Tora auch weiterhin im Besitz der Familie Netzer bleiben sollte.

Herkunft der Familie Herzfeld

Schlomo Ber Herzfeld und seine Frau Malvin Makhla Hermann bekamen um 1890 im slowakischen Dunajská Streda, nahe Bratislava, einige ihrer insgesamt 13 Kinder, sieben Mädchen, wovon eines im Kindesalter verstarb, sowie sechs Buben. Im Jahr 1893 erfolgte eine Übersiedlung nach Vac (Waitzen) nahe Budapest, wo die restlichen Kinder zur Welt kamen und Vac blieb nunmehr der Familiensitz der Herzfelds. Schlomo Herzfeld war zuvor Lehrer gewesen. Um die große Kinderschar versorgen zu können, war er aber offensichtlich zur Übersiedlung nach Vac gezwungen um hier in der Nähe der Hauptstadt Budapest einen Textilhandel zu betreiben. Durch die Verehelichung mit Männern aus den Familien Netzer und Fischer kamen drei der Herzfeld-Schwestern nach Balassagyarmat.

Drei der insgesamt 13 Herzfeld-Kinder: Links die Zwillingsschwestern Piroska Pnina und Kato Tova Herzfeld (*10.3.1907 in Vac) sowie Ibolya Herzfeld.

Piroska studierte, promovierte zum Doktor, und heiratete einen Dr. Ing. Aladar Rabinek, der in Budapest Artikel für die chemische Industrie herstellte. Bei dieser Firma arbeitete auch Mendi Netzer, der Sohn von Adolf Netzer und damit ein Cousin von Piri, als Vertreter vor dem Krieg. Piri und Aladar Rabinek bekamen 1942 eine Tochter namens Aniko. Laut der Cousine Ella Netzer-Buchinger gab Piri ihre Tochter vor der Deportation zu einer christlichen Familie, erzählte aber nur einem ihrer Brüder davon. Piri selbst starb in Auschwitz. Ihr Mann Aladar Rabinek hingegen überlebte Auschwitz und einige andere Lager, er starb 1981.
Nach dem Krieg wollten die Pflegeeltern Aniko nicht gerne herausgeben, da sie das Kind lieb gewonnen hatten, haben es aber dennoch getan. Aniko war dann von 1946 bis 1950 bei ihrer Cousine Ella und Meier Mor Buchinger in Pflege. Kleines Bonmot – Ella heiratete Meier 1946 in weiß und hatte an der Bima die kleine Aniko neben sich stehen. Das konnten sich die Hochzeitsgäste nicht so ohne weiteres erklären   
1950 meldete sich die Zwillingsschwester von Piri, Tova Kato Herzfeld. Sie hatte Jakob Rozenberg geheiratet und lebte in Tel Aviv. Sie meinte, dass es im Sinne ihrer Zwillingsschwester gewesen wäre, wenn die kleine Aniko bei ihr aufwüchse. So kam Aniko nach Tel Aviv. Später heiratete sie in New York einen Herrn namens Neuhaus.


Herkunft der Familie Fischer

Die Familie Fischer war bereits mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Balassagyarmat ansässig. Geza Baruch Fischer (*1887) wurde in ein nicht eben religiöses Elternhaus geboren. Als er nach seiner Zeit in der Jeschiwa nach Hause zurückkehrte, weigerte er sich im Haus seiner Mutter trefenes, also nicht koscheres Essen von ebensolchem Geschirr zu essen und drohte damit nicht wieder in sein Elternhaus zurückzukehren. Seine Mutter Charlotte Sarolta (*1860) kam seinen Wünschen nach und die Familie Fischer lebte forthin tatsächlich orthodox. Baruch Fischer setzte seine Studien fort und wurde zu einem angesehenen Rabbiner in Balassagyarmat.

Geza Baruch Fischer ganz rechts als Feldrabbiner während des ersten Weltkrieges 1914-1918