Paula Fanger-Schenke

Verwandtschaft zu Max Günsberg: Großtante, Schwester seiner väterlichen Großmutter

Paula Fanger wurde am 21.10.1875 in Schurawno/Zurawno, nahe Lwiw (Lemberg) in der heutigen Ukraine, damals (bis 1918) österreichisches Kronland Galizien, als Tochter von Rafael und Sime Fanger geboren. Sie kam mit ihren Eltern und den Geschwistern Nathan, Sabine und Abraham 1880 nach Wien, während ihre bereits großjährigen Schwestern Chaje Fanger-Gräber und Reisie Fanger-Günsberg bereits Familien gegründet hatten und daher in Galizien verblieben.
Paula spielte sehr erfolgreich (Lawn-)Tennis und wurde 1895 und 1896 mit ihrem Partner M. Winter österreichische Meisterin im Mixed-Doppel. Zumindest bestand ihr Verein darauf, dass die Clubmeisterschaften als österreischische Meisterschaften anerkannt wurden. Ihr Tennisverein war der "First English Club in Vienna", der 1894 als Club zur Abhaltung englischer Sprachkurse gegründet worden war, 1895 das Tennisspiel in sein Programm aufnahm, aber bereits 1907 wieder aufgelöst wurde. Als Spielstätte diente diesem ersten "bürgerlichen" Verein Wiens ein Platz im Prater nächst der Radrennbahn (heute Lasallestraße). Auch die Gründung des österreichischen Tennisverbandes wurde von diesem Verein initiiert.
Von Paula Fangers Erfolgen berichtet eine Medaille, die heutzutage (2022) immer noch eingerahmt die Wand ihrer Urenkelin Paula Lee Menachof-Cassius, die zweifellos nach ihrer Urgroßmutter benannt wurde, ziert.

Ob Paula Fanger ein Racket der legendären Firma Thonet benutzte ist nicht überliefert. Dass diese berühmte Firma jedoch einst auch Sportgeräte fertigte,
ist weitgehend unbekannt und jedenfalls bemerkenswert.


Auch die Wiener Gesellschaft durfte sie kennenlernen, wie ein Ballbesuch beim Elite-Ball in den Wiener Sophien-Sälen am 23.02.1900 beweist, den sie in Begleitung von Herrn Hugo Pollak auch eröffnen durfte.


Paula Fanger heiratete in Wien nach evangelischer Konfession am 22.05.1900 den aus Deutschland stammenden Kaufmann Max Emil Schenke (*22.10.1870 in Bolkenhain, Deutschland/heute (2021) Bolkow in Niederschlesien, Polen). Die Ziviltrauung erfolgte am 03.06.1900. Das Paar wohnte im zweiten Bezirk, Haidgasse 14, und bekam die Kinder Kurt im Jahr 1901 und Gertrud im Jahr 1902.

Max Schenke war ein umtriebiger Geschäftsmann und Erfinder, der im Dezember 1899 ein Geschäft für Damen- und Mädchenkonfektion im zweiten Bezirk, Taborstraße 28, eröffnete. Kurze Zeit später übersiedelte das Geschäft auf die andere Straßenseite, Taborstraße 29. Die Geschäftstätigkeit wurde ausgebaut und Max Schenke verkaufte und verlieh laut einer Annonce vom 19.09.1903 ominöse pseudo-medizinische Gerätschaft, die er selbst entwickelt hatte. 
Heissluft Dampf Apparate von Max Schenke

Seine Apparate stellte Max Schenke, wie in der Annonce oben zu lesen ist, auf der aufsehenerregenden internationalen Kurorte-Ausstellung aus, die vom 12.09.1903 bis 20.10.1903 (verlängert bis 25.10.1903) in den Blumensälen der Wiener Gartenbau-Gesellschaft, also am Parkring in 1010 Wien, wo sich heute das Gartenbau-Kino befindet, stattfand. Diese Ausstellung wurde umfangreich beworben und zog zahlreiche Aussteller und auch Besucher aus dem In- und Ausland an. Max Schenkes Apparate errregten zweifellos Aufmerksamkeit, wie er in der nachstehenden Anzeige stolz anführte und wovon die goldene Ehrenmedaille zeugt, die ebenso wie Paula Fangers Tennis-Medaille noch heute an der Wand von Paula Lee Menachof-Cassius prangt, die als deren Urenkelin etwas weiter unten auf dieser Seite angeführt ist.

Prämiert auf der Kurorte-Ausstellung
Ehrenmedaille Kurorte-Ausstellung Wien 1903


Auch andere Ehrungen wurden ihm zuteil. Im Mai 1904 wurde ihm wie 195 weiteren Ausstellern im Rahmen der "internationalen Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe", die in der Wiener Rotunde stattfand, der Staatspreis der k.u.k. Ministerien für Handel und Ackerbau verliehen.


Ob die Geschäfte wunschgemäß liefen darf ernsthaft bezweifelt werden. Denn bereits am 01.04.1904 verkaufte Max Schenke die Patente an seinen Erfindungen seinem Schwager Abraham Fanger um 2.500,00 Kronen, nach heutigem Wert (2021) ca. 17.600,00 Euro. Diese Patente schützten eine Erfindung namens "Schwitzkasten für Dampf- oder Heissluftbäder", also quasi eine Ein-Mann-Sauna. Dabei dürfte es sich aber wohl um eine familiäre Gefälligkeit gehandelt haben, um Abrahams Schwester Paulas Familie aus finanziellen Schwierigkeiten zu helfen oder später die Auswanderung nach Amerika zu ermöglichen.

Im Jänner 1905 versuchte Max Schenke noch, seinen Warenbestand an Konfektion "zu jedem annehmbaren Preis" abzuverkaufen, dies bereits von seiner Privatadresse aus. Am 15. April 1905 schließlich musste die Firma Konkurs anmelden. Offenbar war Max Schenke bereits zuvor überstürzt in die USA aufgebrochen, um seinen Gläubigern zu entgehen, er kam am 17.04.1905 in New York an. Im August 1905 holte Max Schenke seine gesamte Familie  samt dem Kindermädchen Gisela Hornik nach und stellte auch gleich ein vorerst erfolgloses Einbürgerungsansuchen. Im Jahr 1915 und 1919 versuchte es Max Schenke dann erneut.

Am 27.05.1907 kam Paulas Nichte Leonie/Helene Brill, die Tochter von Paulas Schwester Sabine, zu Besuch nach New York.

Im Jahr 1914 folgte offenbar Max Schenkes Bruder Paul mit seiner Frau Mina und einem Kind ebenfalls nach New York nach und stellte hier ein Einbürgerungsansuchen.

Max Schenke war auch in den USA nach wie vor als umtriebiger Erfinder tätig und meldete 1920 eine Insektenfalle zum Patent an.

Paula Fanger-Schenke war jedoch kein sehr langes Leben beschieden, sie starb am 29.03.1926 in New York.


Ihr Mann Max Schenke überlebte sie um viele Jahre. Er erwarb 1929 in New Jersey ein zweistöckiges Gebäude in Jersey City, 128 Linden Ave., und betrieb dort eine Strumpfwarenfabrik. Er hatte hier ebenso wie in Wien, wohl auch aufgrund der damaligen Weltwirtschaftskrise, keinen übermäßigen Geschäftserfolg und musste die Fabrik im Jahr 1936 belehnen. Im Jahr 1937 zog er sich aus dem Arbeitsleben zurück und übersiedelte nach Florida, Lake Worth, einem Stadtteil von Palm Beach. Nach seiner aktiven Berufslaufbahn lebte er von der Vermietung von Wohnungen in Palm Beach, die er wohl aus dem Verkauf seiner Fabrik finanziert hatte. Offenbar war er dabei nicht zimperlich, am 13.10.1943 erging ein Urteil wegen Hausfriedensbruch bei einer seiner Mieterinnen.  

In Lake Worth heiratete er am 31.10.1944 die aus Hamburg stammende Lina, geborene Koch (*13.01.1892), die als Kindermädchen und Masseurin arbeitete. Sie war zuvor mit Ludolf Schmidt verheiratet gewesen. Aus dieser Ehe brachte sie eine Tochter namens Irmgard (*09.01.1910 in Hamburg) mit, die ihrerseits am 20.11.1939 William John Perry heiratete.
Am 20.08.1956 starb Max Schenke in Palm Beach, es folgte eine Feuerbestattung. Seine zweite Frau Lina überlebte ihn um etliche Jahre und starb ebenfalls in Palm Beach am 14.12.1974.


Paulas Kinder:

  • Kurt Schenke kam am 05.01.1901 in Wien zur Welt und wurde evangelisch getauft. Er kam mit seinen Eltern Max und Paula 1905 in die USA und wurde 1917 als Jugendlicher Mitglied bei den Boy Scouts, also bei den Pfadfindern. Am 06.01.1919 , also unmittelbar nach seinem 18. Geburtstag und damit seiner Volljährigkeit, stellte er einen Einbürgerungsantrag. Dort gab er als Beruf Automechaniker an. In den 1930er Jahren schrieb er Drehbücher für Hörspiele. Bei der US-Volkszählung im Jahr 1940 lebte er als Untermieter nach wie vor in New York, nannte sich nunmehr Curtiss und gab diesmal als Beruf Kaufmann an. Kurz daruf, im Jahr 1942, wurde er, nach einer weiteren Namensänderung auf Kurtiss P. Schenke, zum US Militär einberufen. Ganz in der Erfinder-Tradition seines Vaters reichte er 1944 , 1946 und 1948 Patente ein, die ihm 1948 beziehungsweise 1952 auch zugesprochen wurden. Bei der US-Volkszähung 1950 schien er nach wie vor als in Manhattan wohnhaft auf und gab als Beruf Vertriebsingenieur an. Er starb nach 1956 und lebte auch dann noch in New York, da er auf der Todesanzeige seines Vaters Max Schenke im Jahr 1956 als Hinterbliebener genannt ist. Es gibt keine Hinweise auf eine Familiengründung oder Nachkommen.

  • Gertrud/Trudy Schenke kam am 22.01.1902 in Wien zur Welt und wurde ebenso evangelisch getauft. Nachdem sie mit ihren Eltern Max und Paula in die USA gekommen war, heiratete sie am 04.09.1926 in Brooklyn den renommierten Arzt David L. Kane (*1893) und bekam mit ihm im am 24.06.1927 in Lynn, Massachusetts, eine Tochter namens Patricia. David Kane starb allerdings bereits kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter ganz unerwartet am 18.10.1929 an einem Herzleiden, er wurde nur 36 Jahre alt. In späten Jahren heiratete Gertrude "Trudy" am 09.07.1957 den hochdekorierten Mediziner Nathan W. Helman. Scheinbar war sie dem Alkohol nicht abgeneigt, am 19.12.1981 wurde über sie eine Strafe wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit verhängt. Sie starb in Chicago, Illinois, am 19.01.1992 an ihrer letzten Adresse 3750 N Lake Shore Drive und wurde am 22.01.1992 in Highland Park beerdigt. Ihr Mann Nathan, der als CEO des berühmten Mt. Sinai Hospital in Chicago tätig gewesen war, starb 1998 hochbetagt, nachdem er von einem Auto angefahren wurde.
    • Gertrudes Tochter Patricia heiratete am 14.12.1957 in Chicago Irwin Menachof (*13.01.1927 in Cincinatti). Sie bekam mit ihm die Kinder:
      • Daniel Noah Menachof (*09.03.1962), verheiratet mit Karen Lesser, eine Tochter heisst Rozlyn (Roz) Menachof
      • David A. Menachof (*27.06.1960), verheiratet mit Aviva, eine Tochter heisst Elisheva; von ihm stammt das Foto der Medaille,
      • Paula Lee Menachof (*28.12.1966), verheiratet mit Albert B. Cassius; ein Sohn heisst Aaron
    • Patricia starb am 25.02.2007. Ihr Mann Irwin starb am 14.03.2012.