Rachel Lempert false Günsberg

Verwandtschaft zu Max Günsberg: Tochter seines Großonkels Aron Günsberg
Rachel Schipper - Lempert false Günsberg

Rachel Lempert false Günsberg wurde am 17.10.1893 in Schurawno/Zurawno, nahe Lwiw (Lemberg) in der heutigen Ukraine, damals (bis 1918) österreichisches Kronland Galizien, als Tochter von Aron Günsberg und Berta/Basia (geborene Lampert/Lempert) geboren und kam 1909 nach Wien. Ihr Nachname beruht auf der Tatsache, dass in Galizien zum Zwecke der Geburtenbeschränkung von Juden nur mit behördlicher Bewilligung geheiratet werden durfte. Sehr viele galizisch-jüdische Ehen wurden daher gezwungenermaßen illegitim geschlossen und wurden dann im Falle der Geburt eines Kindes meist nicht anerkannt. So auch in diesem Fall: Aron Günsberg und Berta Lempert hatten, im österreichischen Beamtendeutsch, lediglich "rituell" geheiratet, daher bekam ihre Tochter in der Taufeintragung den Namen Lempert, false (fälschlich) Günsberg.

Rachel gebar in Wien am 18.07.1914 einen Sohn namens Alexander. Am 27.06.1916 heiratete sie ebenfalls in Wien den aus dem galizischen Brzesko stammenden Schija Josua Oskar Schipper (*26.11.1891) und dieser bekannte sich zum gemeinsamen Sohn. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt im zweiten Wiener Gemeindebezirk, Odeongasse 11.

Oskar Schipper war als Kaufmann tätig und verließ aus unbekanntem Grund seine Familie im Jahr 1920, da sein Sohn Alexander Schipper zu diesem Zeitpunkt, mit sechs Jahren, als Halbwaise angeführt wurde und in ein Waisenhaus kam. Auch war Oskars weiterer Verbleib und auch sein früher Tod sowohl seiner Frau Rachel als auch seinem Sohn Alexander unbekannt.
Oskar Schipper erkrankte auf einer Geschäftsreise in Deutschland. Er starb erst 31-jährig am 12.09.1923 im Spital in Schöpfheim und wurde am 14.09.1923 auf dem neuen Friedhof in Lörrach (Baden-Württemberg) in Grab 129 beerdigt, wovon seine Familie aber offenbar, wie oben angeführt, nicht erfuhr.

Rachel Schipper lebte um 1923 mit ihrem Sohn Alexander und ihrem Bruder Baruch Günsberg im zweiten Bezirk in der Rote Kreuz Gasse 3/42. Nach Baruchs Hochzeit 1924 zog dieser bei Rachel aus und zu den Eltern seiner Frau Frieda in den 9. Bezirk.

Ab 1938 durchlebte Rachel das Martyrium des Holocaust. Am 14.07.1938 füllte sie einen Auswanderungsfragebogen aus, auf dem die Absicht nach Nordamerika auszuwandern vermerkt war sowie als Kontaktpersonen dort eine Cousine namens Ann Schmier (die noch in Zurawno 1898 geboren worden war, aber bereits als kleines Kind mit ihren Eltern nach Amerika auswanderte) sowie einen Schwager namens Jakob Schipper. Im Jahr 1939/1940 gelang ihrem Sohn Alexander mithilfe eines von der IKG Wien organisierten Transportes die Flucht über England nach Milwaukee. Rachel selbst verlor wie alle Juden ihre Wohnung und lebte danach zunächst in einer Sammelwohnung in 1020 Wien, Untere Augartenstraße 19/8 und dann in 1020 Wien, Zirkusgasse 1/12a. Am 01.10.1942 musste sie ein Vermögensverzeichnis abgeben, in dem als ihr verbliebenes Vermögen exakt 10 Reichsmark aufscheinen.

Noch am selben Tag wurde sie nach Terecin/Theresienstadt deportiert. Am 23.01.1943 wurde sie schließlich nach Auschwitz überstellt und dort ermordet.

Ihr Name ist auf der Shoa Gedenkmauer in Wien eingraviert.

Alexander Schipper (Sohn von Rachel und Oskar Schipper)

Rachels Sohn Alexander Schipper (*18.07.1914 in Wien) fand im Jahr 1920 offenbar aufgrund der präkeren Lebensverhältnisse seiner Familie, die durch den frühen Tod des Vaters wohl noch verstärkt wurden, im Max Freiherr von Springer`schen Waisenhaus für israelitische Knaben in 1150 Wien, Goldschlagstraße 84, Aufnahme und blieb dort bis 1928, kam also bereits vor dem Tod seines Vaters (1923, siehe oberhalb) dorthin. Dieser dürfte die Familie also bereits zuvor verlassen haben. Im Buch „Das Dreieck meiner Kindheit“, Seite 19, des Gedenkprojekts Herklotzgasse 21 ist zu diesem Waisenhaus folgendes vermerkt: "Bereits seit 1890 befand sich in der Goldschlagstraße das von Max Freiherr von Spinger gestiftete Waisenhaus. Nach einer entsprechenden Vereinbarung übersiedelten 1922 auch die Waisenkinder aus den engen Verhältnissen der Herklotzgasse 21 in die Goldschlagstraße 84. In der Goldschlagstraße 84 lebten Vollwaisen, aber auch Halbwaisen, deren verbleibender Elternteil mit der Sorge für die Kinder überfordert war."

Als er selbsterhaltungsfähig wurde wohnte er dann ab 1928 wieder bei seiner Mutter Rachel in 1020 Wien, Rote Kreuz Gasse 3/42. In der Fortbildungsschule der Wiener Kaufmannschaft am Esteplatz im dritten Bezirk erhielt er eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete zunächst bei der Firma Brüder Fischer in 1030 Wien, Jacquingasse 45, und dann bis 1938 bei der Firma Bochmann in 1190 Wien, Barawitzkagasse 21. Nachdem er, wie fast alle Juden, seinen Job verloren hatte, absolvierte er eine Ausbildung zum Elektroschweisser im technologischen Gewerbemuseum in 1090 Wien, Severingasse 12.

Am 15.07.1938 füllte er einen Auswanderungsfragebogen aus.

Er emigrierte zwischen März und Juli 1939 mithilfe eines von der IKG Wien organisierten Transportes nach England und war dort im Internierungslager Kitchener Camp, einem ehemaligen Armeelager aus dem ersten Weltkrieg, das an der englischen Kanalküste zwischen den Ortschaften Richborough und Sandwich in der Grafschaft Kent lag, untergebracht. Die Geflüchteten wurden klassifiziert und für Arbeitsdienste eingesetzt. Alexander Schipper war als Elektriker registriert. Insgesamt bot dieses Lager rund 4.000 vorwiegend erwachsenen jüdischen männlichen Flüchtlingen aus dem deutschen Reich Platz, die großteils zuvor in einem der drei deutschen Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen interniert waren und nur unter der Bedingung einer sofortigen Ausreise, allerdings ohne Familie, freigelassen wurden. Etwa 1.000 dieser Flüchtlinge kamen aus Wien, damals mit der steten Hoffnung einer lediglich vorübergehenden Trennung von ihren Familien, die sich jedoch in den meisten Fällen bald zerschlagen sollte. Das Lager wurde von den Flüchtlingen selbst verwaltet und war straff organisiert. Es gab, aufgrund vieler geflohener Musiker, ein eigenen Orchester, das für die Bewohner von Sandwich aufspielte, und sogar eine eigene Zeitung. Das Camp geriet in der Nachkriegszeit jedoch fast völlig in Vergessenheit und rückte erst in den letzten Jahren wieder in den Fokus einer interessierten Öffentlichkeit.

1940 begann der deutsche Angriff auf England und das unmittelbar an der englischen Ostküste gelegene Camp wurde vorläufig geräumt, da man im Falle einer deutschen Invasion den deutschen Flüchtlingen nicht wirklich traute. Die Alternativen für die Flüchtlinge waren entweder der Eintritt in die britische Armee oder eine Weiterreise in ein anderes aufnahmebereites Land. Alexander Schipper hatte eine Cousine in den USA und konnte dorthin auswandern. Er kam am 13.03.1940 in New York an. Danach lebte er für einige Jahre bei der Cousine seiner Mutter, Ann Schmier, in Milwaukee. Von den USA aus versuchte er seine Wiener Mutter finanziell zu unterstützen. Er fand Arbeit als Elektroschweisser bei der Harnischfeger Corporation, einem auf Minengerätschaft spezialisierten Industrieunternehmen. Bereits vor seiner Einbürgerung wurde er 1942 für das US Militär registriert. Am 24.08.1943 wurde dann aber auch schon seine US-Einbürgerung bewilligt.
Bereits gegen Ende oder kurz nach dem Krieg kam Alexander Schipper als Angehöriger des US-Militärs wieder nach Wien, er war während des Krieges Staff Sergeant (Unteroffizier) der USAAF (United States Army Air Force). In Wien heiratete er am 23.12.1946 Henriette Maria Neumeyer (*04.04.1908 in Wien). Seltsamerweise jedoch gab Henriette im weiteren Verlauf ihres Lebens ihren Mädchennamen als Umprecht an, so auch auf ihrem Einbürgerungsantrag von 1947, der am 14.11.1958 bewilligt und auch sie damit US-Bürgerin wurde .
Zusammen kam das Paar am 13.10.1947 in New York an und lebte zwischen 1950 und 1955 wieder in Milwaukee, Wisconsin (h2442 N54th). Alexander arbeitete in dieser Zeit als Lehrling im Offsetdruck-Gewerbe. Vor 1959 übersiedelten sie nach Kalifornien, zuerst nach Temple City und später nach Pasadena, wo sie bis zuletzt lebten und Alexander nach wie vor als Offsetdrucker arbeitete. Sie blieben kinderlos, hatten jedoch beide an chronischen Krankheiten zu leiden und waren finanziell wohl nicht besonders begütert, wie aus wiederholten Ansuchen in den Jahren 1962 bis 1978 an den österreichischen "Hilfsfonds für Hilfeleistungen für politisch Verfolgte" hervorgeht.

Henriette Schipper starb in Pasadena am 22.11.2003, ihr Mann Alexander Schipper folgte "Hennie" am 16.01.2005. Sie sind auf dem Riverside National Cemetery in Pasadena (Section: 57A Row: 0 Site: 4142) begraben. Ein Kommentar zur Todesanzeige von Alexander Schipper wurde anlässlich der Beisetzung 2005 von Terre Moreno hinterlassen. Auf Anfrage (FB-messenger) nahm sie dazu Stellung:

"Alex was a wonderful man. I cleaned for him and spent time listening to his music. He told me of stories of how he survived and came to USA. He did not have family or children according to him. His wife I later heard had family. He told me he was separated from his mother and sister and the nuns helped to get him out of the country. He lived a pretty nice life and owned a condo in Pasadena. The people he left all his belongings to I feel did not deserve any of it, They moved to Georgia many years ago and are no longer living. I wish I could you more info. Be it known what a wonderful man he was and I will never forget him."

Es gibt allerdings entgegen ihrer Darstellung keinerlei Hinweise auf eine Schwester von Alexander Schipper.


Grabstein Alexander und Henriette Schipper

Familie Lempert-Schmier

Family Tree Schmier

Libe Lempert

Libe Lempert war die Schwägerin von Aron Günsberg, also die Schwester von dessen Frau Berta Lempert. Sie wurde 1863 oder 1865 in Zurawno als Libe Lempert geboren und heiratete dort 1887 Meyer Schmier (*03.10.1864). Meyer Schmier kam 1898 erstmals nach New York. Lilian und Meyer Schmier bekamen in Zurawno folgende Kinder:

  • Malke/Mildred Schmier *28.12.1895
  • Srul / Samuel Schmier *1896
  • Anne Schmier *13.03.1898
  • Mendel Schmier *1899

Zwischen 1900 und 1905 wanderte die Familie in die USA aus. In Wisconsin kam dann noch ein Kind namens

  • Albert Aaron Schmier *12.02.1906

zur Welt. Meyer Schmier wurde 1921 amerikanischer Staatsbürger und starb am 09.03.1930 in Milwaukee, Wisconsin, er wurde dort am Temple Menorah Ever-Rest Friedhof bestattet. Seine Frau Lillian "Libby" Schmier starb am 06.09.1931 ebenfalls in Wisconsin und wurde am selben Friedhof bestattet.


Libes Kinder


Malke "Mildred" Schmier heiratete Samuel David Surlow, der als Salamon David Srulowitz im damals österreichischen Felso Hunkocz (heute Ungarn) am 04.03.1891 geboren worden war. Er kam bereits am 14.08.1907 in New York an, seine Einbürgerung wurde jedoch erst nach vielen Jahren am 13.02.1935 bewilligt.
Sie bekamen zwei Kinder:
   -> Leslie Surlow wurde am 21.08.1921 in Wisconsin geboren, diente während des zweiten Weltkrieges in der US Army, heiratete anschließend Shirley Kramer und zog mit ihr nach Kalifonien, wo sie die Söhne Bob und Rick bekamen. Les führte ein ausgesprochen ausgefülltes Leben, er war beruflich erfolgreich und massgeblich am Aufbau der jüdischen Gemeinde des Stephen S. Wise Temple in Los Angeles beteiligt. Seine grösste Liebe galt jedoch der Musik, er spielte Klavier und Bass in verschiedenen Orchestern und Formationen. Er starb hoch dekoriert am 19.04.2014 in Palm Desert in Kalifornien. Seine Söhne sind 2021 nach wie vor am Leben.

   -> Shirley Surlow wurde am 02.08.1920 geboren. Sie heiratete am 21.03.1943 den im Jahr 1913 mit seiner Familie eingewanderten John Jack Brody (*15.12.1912 in Lipowitz, Russland als Jakob Borowarnik). John Brody starb am 28.11.1995 in San Diego, Shirley Brody Surlow folgte ihm am 19.04.2005 in Los Angeles.


Srul Sam Schmier wurde 1917 für das US Militär gemustert. Er heiratete am 01.10.1929 die gleichaltrige Ethel Becker, starb jedoch bereits kurz nach der Hochzeit am 20.12.1929.

Grabstein Srul Sam Schmier

Anne Schmier wurde 1940 in den USA eingebürgert. Laut Auskunft der 2021 noch lebenden Nachfahrin Barbara Lee Schmier war sie Immobilienmaklerin und als solche auf besonders exclusive Objekte spezialisiert. Zudem liebte sie angeblich Schweinekottelets. Sie dürfte keine Familie gegründet haben.


Albert Schmier wurde gegen Ende des ersten Weltkrieges 1918 als blutjunger Mann noch zum US Militär einberufen. Er heiratete in der Folge Pauline Re (*1906) und sie bekamen eine Tochter namens Barbara Lee (*20.09.1934). Albert starb am 08.07.1958 und wurde am Friedhof seiner Eltern Meyer und Lillian in Milwaukee bestattet. Seine Frau Pauline lebte weiterhin in Milwaukee und starb erst am 26.05.1988.
Die Tochter von Albert, Barbara Lee Schmier, heiratete Gustav George Tolzmann (*27.09.1933) und sie bekamen am 10.03.1964 eine Tochter namens Jennifer Sue Tolzmann und einen Sohn namens Mark Tolzmann. 2021 sind Barbara Lee sowie ihre Kinder Jen (in London) und Mark (in Florida) nach wie vor am Leben.

Barbara Lee Tolzmann nee Schmier

Barbara Lee Tolzmann nee Schmier


Von Mendel Schmier sind keine weiteren Lebensdaten bekannt.